Aus Indien zu Besuch: Ein Lichtblick im grauen europäischen Herbst

Kennt ihr das Gefühl? Du triffst einen Menschen wieder, den du längere Zeit nicht gesehen hast und es ist völlig irreal, ihn an diesem Ort zu sehen. So ging es uns am Sonntag. Don Bosco und Helan sind in Europa zu Besuch, Anfang März haben wir uns in Tamil Nadu von ihnen verabschiedet und jetzt standen sie plötzlich im Strasshofer Nieselregen, am ersten kalten Tag des Herbstes vor uns. Helan in einer hässlichen schwarzen Daunenjacke und darunter trug sie einen wunderschönen Sari. Ein unwirklicher Moment.

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Lotte und Friedl Doschek mit Helan und Father Don Bosco

Meistens verhalte ich mich anderen Menschen gegenüber so, wie Mitteleuropäer eben so sind: freundlich distanziert, höflich, unverbindlich. In Indien funktioniert das nicht! Indien ist Emotion pur, erst recht, wenn du dort Freundschaften schließt. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal in einer katholischen Kirche mit voll besetzten Bankreihen vom Altar aus in den Mittelgang gelaufen bin und jemanden umarmt habe. Warum sollte ich mich auch erinnern? Ich habe es noch nie getan – bis zum Sonntag, als ich Helan wiederbegegnet bin. Die Begrüßungsfeier für die beiden in der Strasshofer Kirche und später im Pfarrheim geriet wirklich zu Freudenfest. Denn wir hatten richtig gute Nachrichten für die beiden.

Gratuliere, Sie haben gewonnen!

„Hand in Hand“ wurde als diesjähriges Projekt der „Partnerschaft für Nächstenliebe“ ausgewählt. Dabei handelt es sich um eine Gemeinschaftsaktion der acht Wiener Ordensspitälern, die seit 2005 existiert und im Rahmen derer jedes Jahr eines der eingereichten Projekte ausgewählt und mit verschiedenen Spendenaktionen unterstützt wird. Christoph, der viele Jahre im Wiener Hartmannspital war und jetzt im Elisabethspital arbeitet, hat vor einigen Wochen „unser“ Projekt eingereicht und vor wenigen Tagen bekam Friedl Doschek, Initiator und Leiter von „Hand in Hand“, einen Anruf von einer unbekannte Dame: „Glückwunsch, Sie haben gewonnen.“ Er schildert das Telefonat folgendermaßen: „Ich dachte, das ist ein Neffentrick, gleich wird mir ein angeblicher Verwandter erzählen, ich müsse nur ein paar Tausend Euro auf ein afrikanisches Konto überweisen, dann würde ich umgehend meinen Gewinn erhalten. Ich wollte schon auflegen, da sagte die Dame: Nicht auflegen, hier spricht Schwester Daniela vom Franziskusspital, nicht Sie sondern das Projekt „Hand in Hand“ hat gewonnen.“

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Also Freude allerseits: Friedl, Don Bosco und Helan sowieso, Christoph – und alle Gäste der Feier in Strasshof, denn viele von ihnen haben selbst Patenkinder in Tamil Nadu, waren schon in Pagandai oder unterstützen „Hand in Hand“ auf die eine oder andere Weise. Wir waren, wie gesagt, im Februar im Dorf Pagandai Kootu Road in Tamil Nadu, worum es bei dem Hilfsprojekt, das vor 30 Jahren von dem niederösterreichischen Unternehmer Friedl Doschek und dem indischen Priester Don Bosco gegründet wurde und seitdem fast 1000 Menschen unterstützt, genau geht, habe ich in diesem Beitrag vor ein paar Wochen geschrieben. Zwei Männer, ein Plan und 1000 Kinder – das Wunder von Pagandai. 

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Jetzt sind wir fleißig dabei, „Hand in Hand“ bekannter zu machen, Christoph stellt nächste Woche das Hilfsprojekt – und natürlich Helan und Don Bosco – im Hartmannspital vor, am 19. Oktober gibt es in Groß-Enzersdorf bei der Machbarschaft einen Vortrag, zu dem jeder, der mehr erfahren will oder einfach nur faszinierende Bilder und Geschichten aus Indien kennenlernen will, eingeladen ist. Das farbenprächtigste Land der Welt. Am Sonntag ist mir diese Tatsache wieder bewusst geworden. An diesem kalten, regnerischen Tag. Ein Tag, an dem wir Europäer, die eh nicht so auf bunte Kleidung stehen, unsere triste Herbstgarderobe auspacken und auf Grau, Schwarz und Beige setzen. Wie trostlos nehmen sich unsere Outfits neben Helans Sari in Pink und Grün aus! Wie schaffen es indische Frauen, immer elegant zu wirken? Sogar bei der Hausarbeit oder beim Wäschewaschen! Ich halte mich ja nicht gerade für eine schlampige, ungepflegte, unansehnliche Frau, aber wie ich bei der Hausbarbeit ausschau, mag ich euch jetzt gar nicht beschreiben. Fotos gibt’s von mir zum Glück eh nicht in meinem absolut uneleganten Hausarbeits-Outfit.

Mein Plan für morgen, soeben gefasst: Ich werde Farbe tragen. Graues Europa, du kannst mich mal!

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