Eine Ente, ein Zelt, ein Schlauchboot und ein Kajak: Teenager-Urlaub

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Eine Ente, zwei Teenager, ein Plan: Wir machen Urlaub in Kroatien. Damals vor über 30 Jahren  traten Christoph und ich zum ersten Mal gemeinsam eine Reise an. Sie führte uns nicht sehr weit und dauerte auch nur zwei Wochen, aber sie war die erste von vielen, die folgten und bestimmt ist sie mir deshalb noch so gut in Erinnerung. Den ersten gemeinsamen Urlaub vergisst man nicht. Unserer war… rustikal. Ich glaube, unsere Kinder und ihre Freunde würden keine Sekunde diese von uns damals selbst gewählten Lebensform ertragen. Wir reisten und lebten unter unmenschlichen Bedinungen – nach heutigen Maßstäben. Ein Auto ohne Klimaanlage, kein Handy, kein Internet, kein booking.com. Unvorstellbar!

Die Auto-Schieberin

Unsere Ausrüstung war auch für damalige Zeiten minimalistisch: Christophs ganzer Stolz, sein 2 CV – eine Charleston-Ente mit Fetzendach – erreichte ganze 100 km/h Höchstgeschwindigkeit, Hitze mochte er gar nicht, da sprang der Motor einfach nicht mehr an und da ich noch nicht Auto fahren konnte – sooo klein war ich damals noch – war meine Rolle die der Schieberin. Ich sag’s euch, eine Ente ist ja kein Sattelschlepper. Aber schieb mal mit 18 Jahren und 58 Kilo Körpergewicht so ein Ding bei 40 Grad im Schatten an, während der Lenker die Kuppung schleifen lässt und – natürlich liebevoll, wir waren ja frisch verliebt – schreit: „Ein bissl schneller, so wird das nie was!!!“ Übrigens haben wir sie ein Jahr später verkauft, als ihre Temperaturansprüche immer mehr stiegen und sie nur mehr bei 18 bis 21 Grad Außentemperatur zu starten geruhte. Als ich wieder mal am Wiener Gürtel Kreuzung Währinger Straße den Auftrag bekam, ein bissl zu schieben – JA, ich weiß, da geht’s bergauf – war’s endgültig aus mit meiner Liebe – zur Ente. Ihr Schicksal war besiegelt.

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Zurück nach Kroatien. Unser 2 CV beherbergte selbstverständlich unsere Campingausrüstung, die da war: das kleinste Zelt Kroatiens, der kleinste Sonnenschirm Kroatiens und der kleinste Campingkocher, den man für Geld kaufen kann. Als Schüler und Studentin mit Mini-Budget kannst du eben nur minimalistisch urlauben oder gar nicht.

Damals, vor über 30 Jahren haben wir übrigens zum ersten Mal vom Segeln geträumt. Der Grund war ein banaler. Istrien im Hochsommer war wie auch heute von Touristen überschwemmt. An der felsigen Küste sind freie Plätze am Strand überschaubar und noch überschaubarer sind einsame Strände. Unsere Suche nach ebensolchen erwies sich als erfolglos, da hatten wir die glorreiche Idee, uns ein Schlauchboot zu kaufen und zur gegenüberliegenden – vielleicht einsamen – Insel zu paddeln. Wir erwarben im Geschäft das – erraten – kleinste Boot, das es zu kaufen gab. Weit kamen wir damit allerdings nicht, denn nach einem ersten Testlauf, lagen wir faul am Strand, als uns zwei Buben fragten, ob sie das Boot ausborgen dürften. Klar, warum nicht? Nach einer halben Stunde brachten sie es brav wieder zurück. Kaum waren die beiden entschwunden, hörten wir ein leises „Pfffft“ – und das Boot sank luftleer in sich zusammen…

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Wie wunderbar wäre jetzt ein Segelschiff, erlöst von der Suche nach freien Campingplätzen, nach Strandliegeplätzen und sauberen Duschen. Die hatten es damals, kurz nach der Ostöffnung in sich, die Duschen. Die sanitären Anlagen waren weit entfernt von heutigen Standards. Standards? Zur Auswahl standen die Varianten kalt, tröpfelnd oder trocken. Der Zustand der Toiletten… soll an dieser Stelle unerwähnt bleiben.

Schrei-Duelle am Kajak

Ach ja, dann hatten wir noch die Idee mit den Kajaks. Schlauchboot-los und auch sonst Schwimmkörper-los erwies sich Christoph äußerst kreativ im Einsame-Strände-erreichen-Planen. Einen halben Tag Kajak fahren kostete nicht die Welt und mit einem Kajak, so erklärte mir mein Captain, der damals allerdings noch keiner war und daher auch keine Ahnung von Schwimmkörpern aller Art hatte, käme man in kürzester Zeit viel weiter als mit einem Schlauchboot. Er hatte die Rechnung ohne Wind, Wellen und Strömung gemacht. Es stimmte zwar, wir kamen relativ weit – wenn auch wohin das Auge blickte von Einsamkeit keine Spur war – aber der Weg zurück war die Challenge, von der wir beim Hinpaddeln nichts geahnt hatten. Wenn es sowas wie ein Kajak-Trauma gibt, hab ich es seit diesem Nachmittag, als mein Schatz (in diesem Moment habe ich ihn geistig mit anderen, möglicherweise weniger liebevollen Kosenamen bedacht) mir davonpaddelte, seine mangelnde Kajak-Paddeltechnik mit purer Teenager-Manneskraft wettmachte, sich gelegentlich nach mir, die weder Technik noch Manneskraft vorweisen konnte, umdrehte und gegen Wind und Welle anbrüllte: „Du musst das Paddel steiler halten, du musst dich mehr nach vorne beu….!“ Während ich schrie: „Was? Ich versteh dich nicht, warte auf mi…!“

Heute sage ich: Segeln ist schon feiner als mit dem Kajak auf Strandsuche zu gehen. Aber Streitpotenzial hat es genausoviel. „Du musst die andere Leine nehmen! Du musst sie viel früher werf…!“ „Was? Ich versteh dich nicht, du musst klare Anweisun…!“ Wir beide ein Jahr allein auf einem Elf-Meter-Schiff: Ist es Liebe oder Wahnsinn?

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