Neuerdings stehen der Regierungssturz und das Verfassen eines Manifestes ganz oben auf unserer Agenda. Klingt völlig verrückt? Tja, wenn man tagelang an einen Hafen und hier wiederum an ein kleines Segelboot und hier wiederum an einen vier Mal vier Meter großen Salon gefesselt ist (weil’s jeden Tag – und sei es nur für zehn Minuten – regnet), kommt man auf allerlei dumme Gedanken.

Der verhinderte Captain und seine tatendurstige Crew suchen derzeit fieberhaft nach neuen Aufgaben, um die Zeit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Warum also nicht ein konspiratives Treffen. Angesichts der peinlich-desaströsen Auftritte der mittlerweile sich selbst eliminierten österreichischen Regierung würde ein Umsturz nicht zum ungünstigsten Augenblick erfolgen. Unser großes Vorbild ist Uganda.
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Unterolberndorf ist ein winziges Dorf in der Nähe unserer Heimatgemeinde im nordöstlichen Niederösterreich, aber immerhin, es verfügt über ein Gasthaus. Hier stieg 1985 die Führung des ugandischen National Resistance Movement ab, und das Ziel des konspirativen Treffens war der Sturz des Präsidenten Milton Obote. Im Wirtshaus von Unterolberndorf wurde ein Zehn-Punkte-Programm, das „Unterolberndorfer Manifest“, auf dem später die Verfassung beruhte, beschlossen. Einer der Teilnehmer diese Treffens wurde 1986 nach dem Sturz von Obote Staatschef: Yoweri Kaguta Museveni.
Ihr seht, hier an Bord von Maha Nanda wird konstruktiv gearbeitet, daher braucht sich niemand wundern, dass die zukünftige österreichische Bundeskanzlerin nicht nur begnadete Manifest-Schreiberin sondern auch Seglerin sein wird.

Abseits von derlei abstrusen Fantasien tun wir schon auch realistische, wenn auch nicht minder seltsame Dinge. So besuchten wir zum Beispiel ieinen Jazz-Club. „The best Jazz Club of North France“, wie uns ein Professor versicherte, der einzige Gast an diesem Abend, der (abgesehen von uns beiden) Englisch konnte und aus diesem Grunde von der neugierigen Kassierin, die unbedingt herausfinden wollte, wer die beiden Fremden im Club von Dunkerque sind, zwecks Conversation herbeigeordert wurde. Tatsächlich hat sich, was Fremdsprachen anbelangt, das Klischee bestätigt: Franzosen sprechen französisch und … fin. Andere Sprachen sind überflüssig. Was ja an und für sich eine gute Gelegenheit wäre, mein eingerostetes Schulfranzösisch aufzupolieren, aber meine ersten Versuche endeten in großem Frust. Entschuldigung, aber wie kann man den Satz „Bonjour, une baguette s’il vous plaît ?“ missverstehen? In einer Boulangerie wohlgemerkt. Die Dame hinter der Verkaufstheke antwortete mit ratloser Miene „Pardon, Madame?“

Die Jam-Session im besten Jazz-Club Nordfrankreichs entpuppte sich jedenfalls als eine Art Klassenabend. Sie begann vielversprechend mit einem coolen Trio: Piano, Schlagzeug und Bass, nach und nach erschienen weitere Akteure auf der Bühne, manche gut, manche schlechter, manche außergewöhnlich… talentiert und untalentiert. Ja, es handelte sich um ein Konzert von Schülern aller Alters- und Leistungsstufen, kombiniert mit Darbietungen von Profis und Musikprofessoren. Ein gemischter Satz, wie man im Weinviertel sagen würde, und die Mischung war zum Teil wirklich schräg, aber auch unglaublich unterhaltsam.

Um Maha Nandas Schönheit haben wir uns auch in den vergangenen Tagen gekümmert und endlich die Isoliermatten in ihrem Inneren angebracht – diesen Punkt der To-Do-Liste haben wir wochenlang erfolgreich ignoriert, weil Christoph schon bei dem Gedanken an dem äußerst klebrigen Kleber, der überall nur nicht an der Wand klebt, gegraust hat. Weiters haben wir begonnen, das Deck zu streichen, dann aber rasch aufgehört, weil ein Regenguss die Streich-Aktion torpedierte, dann weitergemacht, dann aufgehört, dann… Jetzt ist uns die Farbe ausgegangen und Maha Nanda wirkt etwas fleckig: neu und alt, weiß und grau. Morgen ist auch noch ein Tag.
Inzwischen nutzen wir die Regenpause, sitzen im Cockpit, manifestieren und beobachten dabei die Tide. Auch eine Möglichkeit, die Zeit zu nutzen. Mal gehen wir die steile Treppe zur Toilette, dann wieder ebenerdig. Mal haben wir sechs Meter Mauer vor uns, mal einen halben Meter, mal ragt der Boller zwei Meter neben uns auf, dann wieder acht Meter. Ihr seht, wir legen alle sechs Stunden etliche vertikale Meter zurück.
„Mal gehen wir die steile Treppe zur Toilette, dann wieder ebenerdig. Mal haben wir sechs Meter Mauer vor uns, mal einen halben Meter, mal ragt der Boller zwei Meter neben uns auf, dann wieder acht Meter. Ihr seht, wir legen alle sechs Stunden etliche vertikale Meter zurück“ – Habt Ihr schon mal; daran gedacht, die Hoehenmeter zu protokollieren?
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Das machen wir dann in Cherbourg, dort zahlt sichs richtig aus 😉
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Ich erinnere mich in dieser Beziehung an Boulogne. Das war auch nicht von schlechten Eltern, was den Tidenhub angeht.
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