Vor langer Zeit in einem anderen Leben arbeitete ich zehn Stunden am Tag als Journalistin, in der Mittagspause erledigte ich private Mails und Bankangelegenheiten, fuhr abends noch schnell beim Supermarkt vorbei, um Lebensmittel zu besorgen, kümmerte mich zu Hause um Familie und Haushalt. An manchen Abenden schrieb ich noch bis spätnachts meinen Blog oder half dem Künstler an meiner Seite bei den Vorbereitungen für seine nächste Vernissage. Oder wir surften auf der Suche nach den günstigsten Festmacherleinen und der besten Rettungsinsel durchs Internet und lasen uns bis Mitternacht durch sämtliche Seglerforen, deren wir fündig wurden. Vor ganz ganz langer Zeit gab ich noch zusätzlich in meiner nicht vorhandenen Freizeit Nachhilfe – einem Sohn in Mathematik, dem anderen in Deutsch.

Heute haben wir zwei Dinge erledigt. Christoph war beim Frisör und danach waren wir am Postamt. Ein tagesfüllendes Programm, wenn man in Rabat ist – und Zeit hat. Vielleicht ginge es ja ein bisschen schneller (viel schneller ginge es allerdings sicher nicht), aber wir müssen und wollen nicht mehr den ganzen Tag mit To-Do vollpacken. Nicht in diesem Jahr, unserem Segel-Reisejahr.

Ein bisschen fühle ich mich wie vor einem Vierteljahrhundert in Indien, als ich gemeinsam mit Christoph mehrere Monate für meine Diplomarbeit von Nordindien bis Goa recherchierte und interviewte. Wenn du ein fremdes Land nicht als Tourist bereist, erlebst du es anders, als mit Reiseführer und Hop-on-hop-of-Bus im Herdentier-Feeling. Besser. Du kannst es dir leisten, einen halben Tag mit der Suche nach dem Postamt zu „vergeuden“ und dich dabei in Gassen zu verirren, in die sich garantiert kein anderer Europäer verirrt. Dabei lernst du eine Menge Leute kennen, denn schließlich musst du ja viele anquatschen, bis du den/die einen findest, der wirklich weiß, wo das Postamt ist. (Nicht in der Nähe der Medina von Salé, durch die wir stundenlang geschickt wurden.)

Al-Hamdu li-Llāh, wir haben am Nachmittag, eine Stunde vor Schließen des Postamtes, ebendieses – eh nur vier Kilometer entfernt von jenem Ort, an dem wir am Vormittag herumgeirrt waren – gefunden. Diese letzte Stunde war knapp bemessen, denn so lange dauerte es, bis alle Formulare ausgefüllt und ordnungsgemäß gestempelt waren.


Rabat hat aber noch mehr als das Postamt zu bieten. Vom nördlichen Flussufer, an dem die Marina liegt, bringt uns der Fährmann für 5 Dirham (50 Cent) zum Südufer des Bou Regreg. Hier beginnt Rabat. Gleich rechts vor uns liegt der schönste Teil der Stadt. Die Kasbah des Oudayas, eine Festungsanlage, die im zwölften Jahrhundert von den Almohaden errichtet wurde und dann zur Heimat der aus Andalusien vertriebene Mauren wurde. Die Festung wurde in dieser Zeit als Hauptquartier im Kampf gegen die Spanier genutzt.







Und noch etwas. Marokko ist ein sicheres Reiseland. Unkenrufe von wegen Menschenansammlungen meiden und keine Taschen sichtbar bei sich tragen könnt ihr getrost vergessen. Klar trage ich meine Geldbörse nicht in der Gesäßtasche der Jeans wenn ich durch belebte Straßen gehe und natürlich schließe ich den Zipp meiner Handtasche. Aber das tu ich auch in Wien. Und in der Nacht gehe ich nicht in irgendwelchen finsteren Gassen spazieren. Aber sonst? Keine Sekunden haben wir uns bisher gefürchtet. In keinem Moment gab es eine bedenkliche Situation. Marokko ist ein Land zum Wohlfühlen – sofern man sich darauf einlässt, denn wie zu Hause ist hier weniges. Al-Hamdu li-Llāh, sonst hätten wir ja gleich daheim bleiben können.

