Wenn Maha Nanda nicht nach Afrika zurückwill, kommt Afrika zu Maha Nanda. Binnen 48 Stunden ist die Dünenlandschaft der Sahara zu uns auf die Kanaren gewandert und die Sandberge haben sich 300 Kilometer westlich der Wüste neu aufgetürmt. Irgendwie fühlte es sich an, als wären wir mitten durch eine Wanderdüne gewandert, Saharasand in den Haaren, in den Kleidern, auf der Haut, im Mund, in der Nase, im Rachen, in den Ohren… Saharasand überall.

Calima nennt sich dieser Ostwind, der von der Sahara zu den Kanaren bläst und ein paarmal im Jahr etliche Tonnen Sand hierher transportiert, sodass alles, wirklich alles, ob drinnen oder draußen, schließlich mit einer feinen gelbroten Schicht überlagert ist.


Wir haben ja schon einige Male Calima erlebt, aber noch nie so stark wie die vergangenen Tage. „Hilfe wir stecken seit Stunden in einem Sandsturm“, schrieben unsere Schweizer Freunde, die mit ihrem Boot in Puerto Calero auf Lanzarote liegen. Zu diesem Zeitpunkt herrschte auf Gran Canaria noch die Ruhe vor dem Sturm, denn erst Stunden später bewegte sich die Sandfontäne über den Atlantik in Richtung der südlichen Inseln. Bei leichter Brise beobachteten wir, wie sich der wolkenlose Himmel eintrübte, zuerst sah es aus, als würde die Sonne als blassgelbe Scheibe durch Hochnebel leuchten, dann verfärbte sich der Himmel gelb, später dunkelgelb, die Sicht verschlechterte sich binnen weniger Stunden dramatisch.


Um neun Uhr abends schlief der Westwind im Südwesten Gran Canarias, in Puerto de Mogán, schließlich völlig ein, Minuten später erklang ein Heulen. „Was war das?“, fragte meinen Mama – eine knappe Woche an Bord und noch Crew-Greenhorn – erschrocken. „Die erste Bö von Calima“, erklärte Christoph, und schon setzte die nächste ein.
Maha Nanda war schon sturmfest vertäut worden, aber nun erledigten wir die letzten Handgriffe, befestigten das Dinghi mit einer Extraleine und legten vorsichtshalber weitere Fender. Als das letzte Stück Wäsche von der Reling genommen war, ging der Sturm so richtig los. Schlagartig von 20 auf 45 Knoten. Maha Nanda legte sich leicht auf die Seite und richtete sich gleich wieder auf.

Eines muss ich betonen: Puerto de Mogán ist wirklich Calima-sicher. Zu keinem Zeitpunkt waren wir beunruhigt, der Schwell im Hafen hielt sich in Grenzen, trotzdem wir nur mit einer Muringleine festgemacht sind (die auf der Backbordseite hat sich offensichtlich schon lange vor unserem Einlaufen verabschiedet, nur mehr ein müdes verfaultes Stückchen Leine hängt am Ring), lagen wir die ganze Nacht verhältnismäßig ruhig, während die Böen über 50 Knoten Geschwindigkeit erreichten.

Den ganzen nächsten Tag über war der Hafen – genauer gesagt die Inselgruppe als Ganzes – in gelbroten Nebel getaucht, während sich der Sturm vor allem auf den Ostküsten der Inseln so richtig austobte. Bäume wurden entwurzelt, Strommasten umgerissen. Als sich die Sicht auf wenige hundert Meter verschlechterte, stellte auf allen Flughäfen der kanarischen Inseln der Flugverkehr ein, Flüge wurden umgeleitet oder gestrichen. Über der Marina sahen wir mehrmals einen Hubschrauber mit Wasserbehälter fliegen. In den Bergen im Landesinneren waren zwei Waldbrände entstanden, das Feuer wurde durch den heißen Sturm zusätzlich angefacht.
Zwar ging vom Gesundheitsministerium eine Empfehlung aus, aufgrund der hohen Staubbelastung möglichst nicht aus dem Haus zu gehen und Fenster geschlossen zu halten, aber wir hielten unsere Nasen trotzdem raus in die Sahara-Wind-Luft, saßen im Cockpit und stauten über dieses Naturphänomen.

Eigentlich hätten wir die ganze Nacht draußen sitzen können, denn die Temperatur, die in den vergangenen Wochen bei Tag maximal 25 Grad und in der Nacht durchschnittlich 17 Grad erreicht hatte, schnellte mit den ersten Windstößen aus östlicher Richtung um 9 Uhr abends auf 27 Grad und blieb dort 48 Stunden lang. Zwischendurch dachte ich, unser Hygrometer sei kaputt, die Nadel herabgefallen… dabei war die Luftfeuchtigkeit rapide von 60 auf 20 Prozent gefallen, die Luft schien nur mehr aus Staub zu bestehen.


Nachdem der Sturm bereits gestern deutlich nachgelassen und sich heute zur leichten Brise abgeflacht hatte, war Großputztag angesagt. Auf allen bewohnten Booten flossen unter begleitendem Schrubben und Wischen rote Bäche durch die Speigatten und auch an Land wurde gekehrt, geputzt und gewischt.

Und jetzt am Abend? Ist alles wieder klar, sonnig wie es früher war.

…ich spür den Sand zwischen meinen Zähnen…
Viel Spaß weiterhin!!!!
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Hihi wir sind schon wieder geduscht, gewaschen und entsandet
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Sand zwischen den Zaehnen habe ich beim Segeln nur einmal gehabt. Damals lagen wir in Bridlington in England im Hafen, hatten echt schoene Steaks gekauft und waren gerade dabei, die am Sandstrand auf einer dicken Eisenplatte ueber einem Holzfeuer zu grillen, als einer unserer Mitsegler im Sand stolperte und mit seinem Fuss jede Menge Sand ueber die Steaks schaufelte. Obwohl wir sie gut abgewischt haben, knirschte dennoch jeder Bissen ziwschen den Zaehnen. 😦 Schade um die schoenen Steaks!
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Mein Zorn wäre diesem Segler gewiss! Wo ich doch sooo gerne esse! 😂
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Unseren Zorn hat er ja auch zu spueren bekommen. Am liebsten haetten wir ihn ersaeuft! 😀
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