Es gibt zwei Arten von Jachteignern: Entweder du bist Onassis oder du bist der mit dem Durchschnittseinkommen. Onassis kauft für seine Jacht alles, was man für Geld kaufen kann, Typen mit schmälerem Geldbörsel, also solche wie wir, haben keine mit Walhaut bezogenen Barhocker – wenn man‘s genaunimmt, haben wir auch keine Bar in unserer Jacht. Abgesehen von den Kosten für die Walhäute: Wo genau sollte in unserem Salon, der drei mal drei Meter misst und zugleich Kombüse, Schlafplatz und Navigationstisch beherbergt, eine Bar Platz finden?
Was tun also Typen wie wir, die sich den Luxus einer old swimming lady und dazu ein Jahr Auszeit leisten wollen? Sie werden erfinderisch. Alles, was man kaufen kann, kann man genausogut selbst machen. Zumindest vieles.
Jetzt hat das Eignerweib großes Glück, denn der beste Eigner von allen ist zufälligerweise ein unheimlich geschickter Handwerker. Dazu steuert mein Papa, der Tischlermeister, sein Fachwissen bei, damit – und ich habe mich persönlich auf den Stegen des Lemmer‘schen Jachthafens überzeugt – die Plicht unserer Jacht die schönste in ganz Lemmer wird. Mahagoni und Esche und dazu der von Christoph desingte Schriftzug Maha Nanda. Einzigartig!
Das Dach des Grauens
Aber natürlich ist Tischlern allein zu wenig, will man sich mit ehrlicher Überzeugung „Jachtrenovator“ nennen. So ist es rückblickend von Riesenvorteil, dass das Familienmotto: „Das machen wir selbst“ seit langem intensiv gelebt und auch von Christoph verinnerlicht wurde. Leidvolle Erfahrungen sind Legende, denn ein echter Häuselbauer tut, was er tun muss. Ein grauenvolles Beispiel an practical experience sei hier genannt: die Dachsanierung unseres 150 Jahre alten Hauses in Rabensburg. Neuer Dachtstuhl und neue Dachziegel. Den Kostenvoranschlag der Zimmerei Hofer ging Papa Punkt für Punkt durch, Christoph saß machtlos daneben, während der Tischlermeister Posten um Posten strich und dazu sagte: „Das brauchen wir nicht machen lassen, das machen wir selbst.“ Tage später stieg er ins Flugzeug, um für ein Jahr in Venezuela zu bleiben. Zurück blieb ein etwas verzweifelter Christoph, dem zum Glück mein Bruder Wolfgang, ebenfalls Tischlermeister und ein Mann der Praxis, seine Hilfe anbot.
Was in aller Welt ist eine Pfette?
Der Rest ist Geschichte. Als Christoph und Wolfgang im Alleingang die neue Firstpfette einsetzten (mein Captain wusste bis dato auch nicht von Existenz und Notwendigkeit einer solchen), die Pfette dann von den Professionisten als unnötig diskreditiert wurde, Wolfgang am Abend nach getaner Abend Bauchweh bekam und Christoph ihn mit einem Schnaps und den Worten „hättest halt weniger von dem fetten Speck gegessen“ kurieren wollte, als ich Wolfgang dann mit Blinddarmdurchbruch ins Spital fuhr und Christoph mit Fieber bei Schneegestöber allein am Dach stand und die Arbeiten im wahrsten Sinn des Wortes selbst machte… Das war Handwerk in der Worst-Case-Variante und ja, es ist unglaublich, was ein einzelner Mann alleine am Dach zustande bringt. Um den Kraftakt mit des Captains Worten zusammenzufassen. „Am Abend konnte ich meine auf Hammer und Meißel festgeklammerten Finger nicht mehr bewegen und musste mit dem Werkzeug in der Hand ins Bett gehen.“
Der Sanitär-Experte
Dabei ist die Arbeit mit schwerem Gerät Christoph gar nicht in die Wiege gelegt, kommt er doch eigentlich aus einer Familie der Fine-Arts, sein Vater war Musiker und brachte meine Schwiegermutter mit extremer handwerklicher Ungeschicklichkeit regelmäßig zur Verzweiflung. In Christophs Elternhaus war nichts selbst gemacht, wer hätte es tun sollen?
Daher: Glück gehabt mit meinem Captain, wir sparen Geld und arbeiten selbst. Der Eigner schraubt, schleift, streicht, bohrt und hämmert. Er montiert die Möbel, kratzt alte Teppiche ab, installiert neue Lampen, repariert den Stromanschluss, dichtet die Fenster ab (wir hatten beim ersten Gewitter zehn Gefäße im Schiffsinnerein verteilt, um die Wasserfluten davon abzuhalten, in die neuen Matratzen auf die neuen Möbel und in die Bilge zu fließen, denn Bilgenputzen… nicht noch einmal!), tauscht die Lüfter und – das Highlight unseres vorläufig letzten Tages in Lemmer – baut die alte Toilette aus und montiert ein neues Klo.
Die Crew ist natürlich nicht untätig, sie tut, was man ohne handwerkliches Geschick problemlos bewältigen kann: putzen. Produktive Arbeit kann so schön sein, und ich hoffe, dass unsere Söhne, die jetzt zwei Wochen sturmfreie Bude hatten, heute mit Staubsauger und Putzfetzen durchs Haus wirbeln und alle Partyspuren beseitigen. So viel wie in diesen zwei Wochen habe ich mein Leben lang noch nicht geputzt. Jetzt mag ich nimmer!
Als echter Hohenauer müsste Christoph sagen: „Das mach ma sich selba“ (im singenden Tonfall gesprochen).
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Genau an diese Worte in bekanntem Tonfall hab ich beim Schreiben gedacht 😉
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