Zwei Tage im Steuerparadies: Channel Islands

„One Ale and one ice-cream, a good combination“, meint gerade der Kellner von The Boathouse auf Guernsey. Summer on the Channel Islands! Die Inseln sind wirklich ungewöhnlich und das in vieler Hinsicht. Gestern fragten wir, in der Innenstadt von St. Peter Port herumirrend, eine offensichtlich einheimische Familie nach der besten Aussicht zum Hafen, woraufhin der Vater spontan beschloss, uns dorthin zu begleiten. Also marschierten wir mit Vater, Mutter und zwei Kids im Kinderwagen quer durch die Stadt zum Museum von dessen Park aus wir den zweitbesten Blick auf den Harbour bekamen.

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Heute sollten wir allerdings die beste Aussicht über die Stadt genießen, dazu müsste wir und den Schlüssel vom  Museum-Office holen und auf den Turm raufsteigen. Mal sehen… Wir sind gerade im Faulenzer- Modus, das hatten wir noch nicht oft in den vergangenen Wochen, aber es liegt wohl an dem herrlichen Sommerwetter, das wir auch noch nicht oft hatten und das Ferienstimmung aufkommen lässt.

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Blick auf den Hafen von St Peter Port

Obwohl, wie uns der Original St.-Peter-Porter versicherte, Guernsey gar nicht so stark auf Tourismus ausgerichtet ist. „There are not many summer cottages here, to expensive“, erklärte er. Ja, eine Okkasion ist das Einkaufen hier nicht gerade, trotz steuerfreien Artikeln. Aber die besten Zeiten der Kanal-Inseln sind wohl vorbei. Wir könnten hier richtig billig Parfum einkaufen, aber ich zweifle, ob ich 30 Liter Parfum brauchen werde. Billig ist auch der Sprit, daher tanken hier gern auch die Besitzer von Motorjachten. Wir haben das auch schon erledigt, denn wir mussten ohnehin den Liegeplatz wechseln, heute ist hier der Zieleinlauf einer Regatta und es werden über 130 Boote erwartet, da muss Platz geschaffen werden.

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St. Peter Port
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St. Peter Port

Ohnehin ist das Anlegen hier nicht ganz so einfach. Bei der Einfahrt wird man schon von einem der Hafenmeister im Motorboot in Empfang genommen, der weist dir einen Platz zu, denn in die Marina kannst du wieder mal nur bei Hochwasser. Ist übrigens spannend anzusehen, wie der Hafen bei Niedrigwasser aussieht, denn er ist nicht durch ein Schleusentor sondern eine Barre gesichert. Vor der Einfahrt wurde eine zwei Meter hohe Betonwand aufgezogen, somit bleibt immer genügend Wasser im Hafen. Erst wenn über der Wand zwei Meter Wasser sind (wir haben hier einen Tidenhub von über sechs Metern) ist die Ein- und Ausfahrt wieder möglich. Wir sind gleich außerhalb im Vorhaben geblieben, denn morgen in der Früh soll es Richtung Frankreich weitergehen und in der Früh könnten wir nicht aus dem Innenhafen raus. Über die Barre Rüberhoppeln wäre schlecht für Maha Nandas Kiel.

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Bei Hochwasser ist die Einfahrt in den Hafen frei
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Bei Niedrigwasser ist die Einfahrt nicht zu empfehlen

Für die Einreise von Frankreich auf die Kanalinseln mussten wir nicht nur den Union Jack sondern auch die gelbe Quarantäne-Flagge setzen – „alles gesund an Bord“-, denn die Channel Islands gehören nicht zur EU. Dass auch Steuerparadiese Wirtschaftskrisen erleben, spürt man hier in Guernsey, aber noch mehr auf Alderney, der kleinen Schwester von Jersey und Guernsey. Viele Geschäfte stehen leer, verfallene Häuser, zugeklebte Schaufenster. Vor allem Alderney scheint Abwanderungsgebiet zu sein. Außerhalb der Saison leben hier nur 2000 Einwohner, was kaum wundert. Alderney gilt als Naturparadies mit einzigartiger Flora und Fauna. Hier leben unendlich viele Kaninchen, der Puffin (Papageientaucher) brütet hier, sein Konterfei ist in den Auslagen auf T-Shirts, Tellern und Ansichtskarten zu finden, aber im Winter? Ja, das Klima ist mild, Frosttage gibt es wenige, dafür aber auch  viel Nebel und Sturm.

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Alderneys Südküste

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Wie sich Alderney nach der Sommersaison anfühlt, haben wir erlebt, denn an einem nebligen Julitag wanderten wir von der Nord- auf die Südküste der Insel. Keine große Sache bei so einer kleinen Insel. Wir wanderten durch salzige Nebelschwaden, deren Feuchtigkeit sich an unserer Haut absetzte, wir blickten über die Klippen Richtung Guernsey und sahen in das graue Nichts. Fazit: Wunderbar zu erwandern, aber definitiv kein Ort für unseren Alterssitz. Aber wir werden ja noch viele andere Küstenorte sehen, bestimmt kommt noch der perfekte Ort für unsere Seniorenresidenz der Zukunft.

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Noch ein Nachsatz zu unserem Schlag von Alderney nach Guernsey: Segeln ist ein ewiges Auf und Ab der Gefühle. Jagten wir nach Alderney in Rekordtempo mit einer Geschwindigkeit von 10 Knoten (nie wieder wird Maha Nanda in diesem Jahr dieses überirdische Tempo erreichen) krochen wir in Schneckentempo die letzten vier Meilen in den Hafen von St. Peter Port. Mit unserer langsamen Maha Nanda kannst du Strömungen berechnen so viel du willst: Bei wenig Wind hast du auf der kurzen Distanz zwischen den beiden Inseln irgendwann den Strom gegen dich. Damit musst du leben, was in der Praxis Rollatortempo bedeutete. Auch diesen Minusrekord werden wir (hoffentlich) nie wieder erleben: 0,3 Knoten. Meine  bald 99-jährige Oma wäre zu Fuß schneller im Hafen gewesen. Sie ist allerdings auch ohne Rollator unterwegs. Wäre auch echt hinderlich beim Unkrautjäten im Garten… Liebe Grüße von den Kanalinseln, Omi.

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3 Kommentare

  1. Lieber Christoph & Ulli!
    Habe mir wieder euren neuen Aufenthalt angeschaut. Einige schoene Bilder habt ihr da geschossen.
    Habt ihr reichlich eingekauft, da hier keine Steuer gerechnet wird? Wuensche euch noch viele angenehme Sommertage. L.G. Karlheinz (Ex- Red – Devil) Canada

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  2. Das mit den Tidenhueben und den Stroemungen kommt mir doch sehr bekannt vor. Auf unserem Ueberfuehrungstorn – vor Jahrzehnten – haben wir eine Nacht vor Alderney geankert, weil es sonst (ueber Grund) rueckwaerts gegangen waere, und weil wir zu viel Tiefgang hatten, um noch in den Hafen zu kommen.

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