Sicherheit an Bord. Die Sache mit der linken kleinen Zehe

Es wird schon alles gut gehen. Wir gehen mal davon aus, dass nächstes Jahr keine größeren Katastrophen passieren. Müssen wir ja, sonst bräuchten wir ja gar nicht zu planen beginnen und würden sicher nicht losstarten. Kleinere Zwischenfälle werden sich dagegen wohl kaum vermeiden lassen und ich überlege schon hin und her, wie ich das Unvermeidliche vermeiden kann: den Bruch meiner linken kleinen Zehe.

DSC_0317
Flip-Flops an Bord, sehr unpraktisch

Jetzt werdet ihr einwenden, es gebe ja genug andere Möglichkeiten, sich zu verletzten, warum beharre ich gerade auf meine linke kleine Zehe? Ganz einfach, ich neige generell nicht zu Ungeschicklichkeit – wäre auch kontraproduktiv angesichts unserer Pläne -, bis auf eine Ausnahme. Ich laufe gerne mit dem linken Fuß gegen Gegenstände, die härter sind als meine Zehe. Und eine luxierte Zehe tut richtig weh, das müssen mir jetzt alle glauben, die sich noch nie die Zehe gebrochen haben (die anderen wissen es eh). Ja ich weiß, es gibt Schlimmeres, ich habe zwei Über-Vier-Kilo-Babys geboren und als die Wehen beim Zweiten begonnen, schoss es mir wieder durch den Kopf. „Schei…, jetzt fällt mir wieder ein, WIE weh es tut.“ Umso erstaunlicher ist es, dass sowas Lächerliches wie eine kleine Zehe, so ein unnötiges Anhängsel, SO schmerzen kann.

DSC_0032
Stilettos? Supersexy, aber auch irgendwie absurd

In Summe waren es an die sechsmal, die mein Zeherl dran glauben musste. Einmal stieß ich gegen den Schlafzimmerschrank, die Zehe stand im rechten Winkel ab und ich drückte sie trotz des in der Sekunde einschießenden Schmerzes sofort in ihre korrekte Position. Allein – sie wollte dort nicht bleiben, auch nicht beim zweiten Versuch. Einen dritten schaffte ich nicht mehr, dazu fehlt mir der Mut, also wartete ich ein paar Stunden auf die Rückkehr meines arbeitenden Ehemannes, der beste von allen, der wunderbarerweise die Notfall-Santitäter- Ausbildung gemacht hat und in dessen fachkundige Hände ich vertrauensvoll meine verletzten Gliedmaßen lege. Wie beruhigend, solch einen Mann für alle (Un)fälle an der Seite zu haben. Als er jedoch abends heimkam, tat mein Fuß bereits so weh, dass ich nicht einmal mehr genaueres Hinschauen ertrug. Wir fuhren also ins Spital. „Was werden sie mit mir machen?“, fragte ich ihn kleinlaut. Keine Angst, der Arzt wird sagen „Lassen Sie mal schauen.“ Und schwups, drückt er die Zehe wieder zurück und alles ist gut, versprach mein Sanitäter. Danke für die Warnung! Als der Arzt zu mir sagte: „Lassen Sie mal schauen“, verweigerte ich. „Erst eine Spritze, dann schauen!“, forderte ich vehement und das war eine weise Entscheidung. Denn als ich nichts mehr spürte, versuchten Arzt und Christoph vergeblich, das schiefe Ding richtig zu positionieren. Es sprang hartnäckig in seine unnatürliche 90°-Position zurück und musste mit Schiene und Bandagen fixiert werden. Autsch!

DSC_0249
Weder sexy noch praktisch

Meine Tapferkeit stellte ich im Zusammenhang mit einem Zehenbruch auch einmal unter Beweis. Mein Auftrag als Journalistin lautete: eine Familie einen Tag lang in der Therme Laa fotografisch zu begleiten und einen netten Imagebericht darüber zu schreiben. Da ich aus naheliegenden Gründen auf meine übliche seriöse Berufsbekleidung inklusive Schuhwerk verzichtet hatte, trat der gefürchtete Fall ein: Ich blieb mit der linken kleinen Zehe an einem Liegestuhl hängen und… luxiert. Vom Thermenarzt bestens versorgt, führte ich den Fotoauftrag zu Ende aus, quetschte mich danach in enge (!) Lederstiefel, humpelte in den ersten Stock zur Marketingchefin, um Details zu besprechen, humpelte über den verschneiten Parkplatz zum Auto, fuhr eine halbe Stunde in die Redaktion, schrieb und layoutete dort den Beitrag, humpelte, bereits schweißgebadet, zum Auto und fuhr eine weitere halbe Stunde heim. Während der Fahrt rief mich Christoph an, ich solle doch kurz in jenem Fachgeschäft, das eh am Weg liege, halt machen. Er hätte dort dieses und jenes gesehen, würde es gern kaufen und wolle meine Meinung dazu hören. Mein „ich gehe sicher keinen einzigen Meter mehr freiwillig und schon gar nicht bleibe ich auf der Heimfahrt irgendwo stehen!“, irritiert ihn einigermaßen, bis er meines armen Zeherls gewahr wurde.

DSC_0209
Was bleibt bei 35° übrig?

An Deck ausschließlich mit Schuhen zu laufen, ist illusorisch – oder warum heißt die Barfußroute Barfußroute? Also was tun? Dabei bin ich ja eindeutig in der besseren, weil sichereren Position von uns beiden. Ich habe ja meinen Notfall-geschulten Captain mit an Bord und was hat er? Beschluss gefasst: Ein Erste-Hilfe-Kurs muss sein. Gleich am Montag meld ich mich an, versprochen o Captain, mein Captain.

DSC_0277
Ein bisschen mehr Kleidung wäre schon zu viel

5 Kommentare

  1. Lass‘ mich mal sarkastisch sagen, „Wer’s masochistisch liebt …“ 😀 Fuer mich gab’s an Bord nie etwas Anderes als Bootsschuhe oder, wenn wegen des Wwtters noetig, Seestiefel. Und verzeih mir die Kritik: Stilettos sind ein absolutes No-Go [Wortspiel beabsichtigt] an Bord. Nicht nur des Sicherheitsaspekts wegen, sondern auch, um das deck zu schonen. Selbst im so harten Teakholz hinterlassen sie Abdruecke – habe ich jedenfalls mal gelesen.
    Und noch etwas Anderes: pass‘ auf Deine langen Haare auf. Man hat sich schneller selber skalpiert als man glaubt.
    Liebe Gruesse,
    Pit

    Like

    1. In Wahrheit bin ich den Sommer über in Griechenland immer barfuß unterwegs, Masochistin anscheinend 😉
      und die stilettos waren ein Foto-Gag😂. erstens hat mein Papa so ein schönes Cockpit gemacht, da werd ich mich hüten, irgendwelche Abrücke zu hinterlassen, und zweitens: völlig unsinnig. Wie du sagst: ein no-go 😂😂😂

      Gefällt 1 Person

      1. Ich breche mir meine Zehen uebrigens nicht an Bord, sondern wenn ich auf Socken eine wunderbar gestrichene und glattpolierte Holztreppe hinunter“laufe“. „plopp, plopp, plopp“ war das … auf meinem Allerwertesten. 😀 Und eine meiner grossen Zehen hat’s das nicht gerne gehabt.

        Like

      2. War eigentlich gar nicht so schlimm, Zum Arzt bin ich erst zwei Tage spaeter. Der hat den grossen Zeh und den daneben zusammengetapt und ich bekam einen Spezialschuh. Damit konnte ich dann ziemlich gut humpeln.

        Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar