Morgen geht es los! Auf nach Lemmer zu unserer Maha Nanda. Wir wollen arbeiten und wir wollen segeln, daher wird es sehr spannend, was uns erwartet. Denn erfahrungsgemäß arten Kleinigkeiten, die schnell zu erledigen wären (theoretisch), in unendlich viel Mühsal aus. Schnell mal etwas anschrauben hat noch nie funktioniert. Aus schnell mal wurden Stunden. Meistens. Aber wir sind guter Dinge und hoffen, doch afs Ijsselmeer raussegeln zu können, sofern alles mitspielt – und dazu gehört auch das Wetter.
Der Großmeister der laienhaften Meteorologie, der ohne wissenschaftlichen Hintergrund – ein Manko, das er mit fanatischer Leidenschaft ausgleicht – täglich über die Wetterlage im Allgemeinen und die Großwetterlage im Besonderen deklamiert, ist in seinem Element. Seit Tagen erfahre ich ungefragt, wie das Wetter in Lemmer sein wird. In zwei Wochen, in zehn Tagen. Captain Christophs Argument: „Wir sind vom Wetter abhängig.“ Dass die Wettervorhersage für Lemmer – wie auch für andere Orte der Welt – offensichtlich nicht für zwei Wochen voraus stimmen kann, was sich deutlich darin zeigt, dass sie sich fast stündlich ändert, bringt meinen Mann nicht von seiner Hassliebe für die Hobby-Meteorologie ab.
Ich sehe das ein bisschen entspannter. Meine 49-jährige Lebenserfahrung hat mir ganz ohne wissenschaftlichen Hintergrund gezeigt, dass wir nicht wissen, ob es nächste Woche durchwegs regnen wird oder sieben Tage lang die Sonne scheint. Und da wir in den Norden ans Ijsselmeer nahe der Nordsee fahren, könnte es auch richtig kalt und stürmisch werden. Könnte, muss aber nicht. Was also macht die kluge Captainsfrau und Deckhand? Unabhängig von des Captains veränderlichen Prophezeiungen packt sie Kleidung für alle Fälle ein: etwas Warmes, etwas Leichtes, Regenschutz und Sonnenhut, Bikini und Pullis, Gummistiefel und die silbernen Stilettos (man weiß ja nie, ob wir nicht mal schick ausgehen).
Praktische Dinge stapeln sich gerade in unserem Schlafzimmer, ein Ort, wo sie allerdings defitiniv fehl am Platz sind: die Klebeschrift für Maha Nanda, der Kompass, das Funkgerät, mehrere Kilo Schrauben, der Werkzeugkoffer, Kissen für unseren Salon, Küchengeräte für die Kombüse, die Schlagbohrmaschine von Opa… Wir überlegen schon mal ein ausgeklügeltes Stapelsystem, damit alles im Auto Platz findet.

In der Zwischenzeit kann ich mich übrigens ganz real und praxisbezogen auf „Schietwetter“, wie es in Norddeutschland so schön heißt, einstellen. Tatsächlich ist bei uns im Weinviertel gerade Land unter. Wie das ohne Meer möglich ist? Nach vier Wochen Hitzewelle mit 35 Grad und keiner einzigen Wolke hat jetzt die Regenzeit begonnen, zumindest hat es so den Anschein. Denn laut Wetterstatistik, die ich täglich in der Redaktion erhalte – und jetzt reden wir von Profi-Meteorologen – hat es im Weinviertel in einer Woche mehr geregnet, als durchschnittlich im ganzen September. Über einige Orten zogen solche Unwetter, dass sich die Straßen binnen Minuten in Flüsse verwandelten und Schlammlawinen die Gassen verstopften. Unsere Feuerwehrleute waren Tage mit Aufräumarbeiten beschäftigt, die Gewitter hatten zum Teil nur wenige Minuten gedauert. In einer kleinen Ortschaft ist sogar der Keller eines Rohbaus geschwommen wie ein Schiff. Tja, der Bauherr hat ihn tatsächlich wasserdicht gebaut, so viel war sicher. Und wenn wundert’s schließlich gibt es ja tatsächlich Schiffe aus Beton. Es muss ja nicht alles schön sein, was schwimmt.

Dann mal „Mast- und Schotbruch und immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel“ auf dem Ijsselmeer,
Pit
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